Innenleben (Nov ’19)

Innenleben: ein Gedicht von Christina Rehr

Und da kommt alles zum Vorschein,
was doch schon immer da war,
aber was niemals so klar war
und noch niemals so nah war.
Seit Jahren hab‘ ich hingeschaut,
hab in Kellerräume geblickt,
hab Seiten an mir hervorgekitzelt,
hab in mir selbst Ansichten verrückt.
Ich gehe seit Jahren große Schritte
auf dem Weg zu mir selbst
und dennoch fühlt es sich manchmal an,
als würd ich noch am Anfang stehn
und als würd ich dieselben Abschnitte
wieder und wieder gehn.
Und dann kommt wieder ein Sonnenstrahl hinein,
bringt Klarheit und Licht
und in den hellen Strahlen
zerbricht jeder Zweifel an mir
und ich fühl meine Stärke,
dann seh ich den Weg hinter mir
und all meine vollbrachten Werke.
Und heute hab ich das Gefühl
ich lern grad mich zu spüren,
und dass all das, was sich bisher hinter Türen befand nun vor mir steht,
als hätte ich all die Jahre
den Weg freigemacht,
so dass jedes Gefühl und jeder Anteil in mir
sich nun vorwärtsbewegt
und sich nicht mehr versteckt.
Es ist, als würde sich alles in mir drin neu sortieren,
als würden sich Körperzellen, Gefühle und meine Seele grad neu orientieren.
Wer kann ich sein,
was gehört zu mir
wo geht’s nun hin?
Wie will ich handeln,
was will ich zeigen,
wer bin ich tief in mir drin?
Ich brauche Zeit, um all das zu fühlen und anzuschauen,
um laut Ja zu sagen,
damit all das was da ist
nicht wieder versucht zu gehen.
Und ich schaue in mich rein
voller Neugier und Erstaunen,
lasse das Raunen leiser klingen
und meine Zweifel mal weniger ringen,
denn ich brauch jetzt Raum
zum Atmen, zum Fühlen
und zum klar Denken,
um mir all diese kostbaren Geschenke
in mir anzusehen,
um dann gemeinsam mit ihnen
den nächsten Schritt
auf dem Weg zu mir selbst zu gehen.

(c) Christina Rehr, November 2019

Innenleben – Christina Rehr (pdf)

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